Während sich immer mehr heraus kristallisierte, dass die irgendwie nicht vorhandene, aber omnipräsente Organisation WEEAC alles ist, nur keine vereinende, fördernde oder gar führende Macht, muss der Verein Pfotenkrieger für die Veranstaltung in Berlin sehen, wie der Klüngel noch zu retten ist – und fischt im Spaltpilzsüppchen.

Was tun, wenn es brennt? Löschen. Und ringsum aufpassen, dass keine Funken fliegen, kein Flächenbrand entstehen kann. Es wurde bereits gezündelt, so gesehen könnte dieser Artikel auch ‚Brandbrief‘ genannt werden. Der WEEAC ist jung, Vorbeugung noch suboptimiert und ein Krisenmanagement unerfahren. Was ist passiert?

Etwas, was allein schon der Titel der Veranstaltung ausschließen müsste.

Im Forum des Londoner WEEAC wurde angefragt, was denn die Fleischfresser – wir bleiben da mal bei Omnivoren – beim WEEAC zu suchen hätten. Mit denen wolle man nicht gemeinsam demonstrieren, die wolle man nicht dabei haben.

Da wurde etwas nicht verstanden, fürchte ich. Es geht beim WEEAC nicht darum, dass Gruppen, die ihrer Meinung nach den einzig wahrhaftigen, korrekten und damit legitimen Tierschutz bereits betreiben, schön unter sich bleiben, um sich zu feiern und alle, die diesen Weg nicht, oder noch nicht, gehen, auszuschließen. Dazu braucht es keinen WEEAC, dazu gibt es bereits Veranstaltungen, nicht groß, nicht mächtig, aber es gibt sie.

Dem WEEAC geht es viel mehr darum, der Politik, der Wirtschaft, den praktizierenden oder potentiellen Tierquälern und Nutzern deutlich zu machen, dass es eine gemeinsame Front von Menschen gibt, die, wenn auch  noch sehr unterschiedlich in Wissen, Konsequenz und Bewusstsein, ein Zeichen setzen möchten: so geht es nicht weiter. Wir wollen die bestehenden Zustände nicht hinnehmen. Wir wollen denen, die nicht wissen oder nichts wissen wollen, einsammeln, überzeugen, mitnehmen. Wir wollen ein deutliches Zeichen setzen, dass sich Menschen, denen der Schutz der Tiere etwas Wert ist, gemeinsam wehren und einsetzen für die, die nicht für sich selbst sprechen können.

Was aber nutzt der einsame Protest der Vegetarier? Der Veganer? Es gibt auch da wiederum Gruppierungen: liberale, linke, konservative. Frutarier. Viele Veganer lehnen Vegetarier ab. Einigen Vegetariern geht Veganismus zu weit. Viele Omnivoren finden die teilweise arrogante Herablassung einiger sehr lauter Veganer, die aber das Licht der toleranteren, liberaleren überstrahlen, als provozierend und handeln verschreckt nach dem Motto: jetzt erst Recht, Diskussionen enden in Beschimpfungen, Diskurs findet nicht statt, nur ein ewig sich wiederholender Austausch von Lieblingsmonologen geht aneinander vorbei. Im Ergebnis ist dabei nichts gewonnen.

Bisher haben in der Vorbereitung des WEEAC in Berlin dieses Dilemma alle erkannt. Bisher wurde erkannt, dass der WEEAC eine einmalige Chance darstellt, deutlich zu machen, dass das Maß voll ist, dass die Zahl derjenigen wächst, die unzufrieden sind. Vereine und Organisationen von Vegetariern und Veganern sehen die Chance, mit Infoständen und Catering zu demonstrieren, das heute eine noch vor wenigen Jahren als überzogen verspottete Lebensart kein Verzicht im Büßergewand bedeutet, sondern vollwertige, abwechslungsreiche, gesunde und durchaus auch herzhafte Ernährung ohne Einschränkung bietet. Genau das darf, kann und sollte, nein, muss auf dem WEEAC demonstriert, vorgeführt und vorgelebt werden.

Das aber bedeutet auch, die – noch – nicht Überzeugten, die Zögernden, die Ungläubigen an die Hand zu nehmen, aber mit einem Lachen im Gesicht, nicht mit erhobenem Zeigefinger, nicht das Klischee des Unfrohen, des Sektiererischen bedienend. Und das geht.

Bisher ist die Zusammenarbeit vorbildlich, ein Dialog findet statt, nicht immer ohne Murren, aber es funktioniert. Bisher.

Dieser Artikel möchte vorbeugen und schon im Vorfeld zu allseitiger Mäßigung aufrufen. Bisher hat Unsachlichkeit und auf einander Einschlagen noch nie positive Energie frei gesetzt. Bisher haben von Uneinigkeit, Elitedenken, Wagenburgmentalität einzelner Gruppen und Ausgrenzung immer nur die profitiert, gegen die es zu handeln galt. Wenn selbst eine (längst überfälligen, aber erst jetzt durchführbaren) Veranstaltung wie der WEEAC auseinander zu brechen droht wegen der Unversöhnlichkeit seiner Teilnehmer, wird das falsche Zeichen gesetzt: es besteht kein Handlungsbedarf. Das aber wäre fatal, einen zweiten Anlauf wird es nicht geben. Für einen zweiten Anlauf wird niemand mehr zur Verfügung stehen. Keine – unverzichtbaren – Geldgeber, keine Politiker, keine Künstler, keine Vereine, keine Ausrichter, keine Organisation, keine Medien und – natürlich – auch kein Publikum.

Dieser Artikel möchte noch einmal an alle Beteiligten appellieren, die Messer im Schaft zu lassen, sich der Verantwortung bewusst zu sein, sich ihr zu stellen und untergehakt in eine Richtung zu marschieren: Für die Rechte der Tiere, gegen Tierquälerei. Oder sollte zutreffend sein, dass Gemeinsamkeit nur für mehr Geld oder gegen Tempo 130 zu haben ist, wie Zyniker prophezeien. Sind wir mittlerweile so egoistisch geworden?

Wir sollten den WEEAC zu einer beispielhaften und machtvollen Demonstration demokratischen Protests machen, denn nicht die Motivation ist entscheidend, sondern das gemeinsame Ziel, es geht nicht um Nuancen, es geht nicht um Feinheiten, es geht um eine Richtung, eine gemeinsame Richtung.

Die Zeche zahlen im Falle UNSERES Unvermögens – wie immer – die Wehrlosen, um die es doch ALLEN angeblich ohne wenn und aber allen ohne Bedingung geht. Die aber ersaufen im Spaltpilzsüppchen.

Nachtrag:

Um bei der Gelegenheit einem anderen – offenbar mit Bedacht lancierten – Gerücht aus Kreisen, denen der WEEAC aus gutem Grund ein Dorn im Auge ist, entgegen zu treten: Der WEEAC wird ausschließlich von ehrenamtlichen Organisatoren und Helfern geplant, vorbereitet und durchgeführt. Alle Gelder von Sponsoren und Spendern dienen ausschließlich der Finanzierung der Veranstaltung. Poster, Flyer, Webspace, Traffic, Bühne, Technik, Sicherheit, Pressekonferenzen, Pressemappen, Handouts, Absperrmaßnahmen, Infomaterial, Infostände, Künstlerbetreuung, Catering, alles kostet viel Geld. Wer professionelle Gegner hat, muss professionell agieren, wenn auch zu so geringen Kosten, wie möglich. Sollte mehr Geld eingenommen werden, als ausgegeben wird, wird der Überschuss in die Vorbereitung des WEEAC 2012 fließen und begleitende Veranstaltungen ermöglichen. Kein Mitglied der Organisation oder des ausrichtenden Vereins erhält eine Vergütung, in welcher Form auch immer.

© Michael Marx – 07/2011

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