Es gibt Themen, die berühren, solche, die ’sexy‘ – weil populistisch – sind, solche mit viel Schmäh, andere mit diesem Biss, die einem das eigene Leben um die Ohren hauen, wieder andere mit viel Witz und dann die, die nerven, stören, wider den Strich bürsten. Gerne verknüpfen wir möglichst viele der angesprochenen Attribute, diesmal wird eher die letzte Kategorie bedient: es geht um eines unser wichtigsten Projekte, den Zertifizierungsplan.
Was soll das denn nun, diese Zertifizierung? Fangen wir am Anfang an. Man nehme Canili, Isolatoren, Tötungsstationen, also Tierheime der nicht so netten bis ganz schlimmen Art, fotografiere dort Zwingerhunde, biete diese in Deutschland mit der Bitte um Rettung vor dem sicheren Tod über eigene Webseite bis Ebay-Kleinanzeigen an und bringe so Jahr für Jahr eine nicht unerhebliche Anzahl Vierbeiner an die Frau, den Mann. Wogegen eigentlich nichts zu sagen wäre…
Dummer Weise ist dieser Export auch ein – wachsendes – Geschäft. Das Wachstum ist so groß, dass mittlerweile auch geschäftstüchtige Menschen der Exportländer den schnellen Euro wittern und bisweilen Futterspenden ablehnen und auf Bargeld bestehen. Natürlich zum Wohle der Tiere.
Aber Geld lässt sich auch anders mit dem Elend der Straßentiere verdienen: Foto kopieren von den Webseiten so genannter Tötungen, ab zu Ebay, dem unbekannten Tier ein paar kuschlige Eigenschaften angedichtet und als Rundum-Sorglos-Paket angeboten: gechipt, geimpft, sozialisiert, pasteurisiert, mit allen Papieren frei Flughafen mit Vertrag, der – weil kein Kaufvertrag – das Papier nicht wert ist, auf dem er gedruckt wurde. Natürlich nicht einmal die Kosten deckend. Tierschutz eben. Ist ein Hund so krank, wie er verschickt wurde, wird lautstark um Spenden gebettelt, der ebenso frisch gebackene wie ratlose Halter zahlt oder liefert. In ein Deutsches Tierheim. Was gerne billigend in Kauf genommen wird, weil die ja so viel besser sind wie die im Herkunftsland. Wer zahlt? Auch die, die niemals ein Haustier hatten, haben oder haben werden. Richtig, die Steuerzahler.
Eine wachsende Zahl Vereine und Einzelpersonen fahren auf dem Trittbrett des Tierschutzes und verheimlichen beflissen, dass im Schnitt 100,00 € pro Tier das eigene Konto füllen.
Der Schaden, den der konsequente Missbrauch von Tierliebe, Naivität und Ahnungslosigkeit zahlreicher Menschen, die doch nur helfen möchten, ist unermesslich. Eben nicht nur für Halter und leider auch Tiere, sondern im Besonderen für den Tierschutz als Ganzes. Das aber wird nur zu gerne übersehen, weil auch die sauber arbeitenden Vereine sich – leider – oft nicht grün sind im Haifischbecken des Haustierschutzes. Auch für seriöse und vorbildlich arbeitende Organisationen geht es um Geld, weil da tatsächlich in vielen Fällen gerade Kosten deckend gearbeitet wird, oft nicht einmal das.
Es gibt aber ein Mittel, den Missbrauch einzudämmen. Dieses Mittel heißt Zertifizierung. Aber noch einmal, was ist das bitte?
Eine Zertifizierung ist wie ein Gütesiegel, mit dem Vereine und Organisationen ausgezeichnet werden, die freiwillig nachgewiesen haben, dass sie sich zu Recht mit dem Prädikat ‚vorbildlich arbeitende Tierschutzorganisation‘ nennen dürfen. Mit diesem Prädikat ist ein Zeichen für den – nennen wir ihn einfach mal so – Endverbraucher: hier kann ich ohne Sorge ein Tier aus dem Ausland erwerben und sicher sein, den Angaben der Anbieter vertrauen zu können. Das Restrisiko bei jedem Erwerb eines lebenden Individuums inklusive, natürlich.
Der Anforderungskatalog könnte in etwa so aussehen:
Der vermittelnde Verein (kurz Anbieter) muss eingetragen sein und den Handel mit Tieren angemeldet haben (rechtsgültiger Kaufvertrag).
Der Anbieter verpflichtet sich,
- nicht direkt, sondern über Pflegestellen oder eigene Zwischenstationen zu vermitteln/verkaufen, um Wesen und Verhalten der Tiere beurteilen und beschreiben zu können, sowie eine Quarantäne zum Ausschluss von Krankheiten gewähren zu können,
- ausschließlich Hunde in den Verkauf zu geben, die gechipt, geimpft (was eine komplette Grundimmunisierung, bestehend aus ZWEI Impfungen inklusive der Booster-Impfung beinhaltet), kastriert und mit gültigem EU-Heimtierpass ausgestattet sind,
- gründliche vor- und Nachkontrollen durchzuführen, die dokumentiert sein müssen.
- für jedes Tier einen dokumentierten Vorgang anzulegen, der jederzeit einseh- und nachvollziehbar sein muss. Dies dient letztlich auch zum eigenen Schutz,
- zukünftige Halter über die Besonderheiten und Eigenschaften des angebotenen Tieres zu unterrichten sowie über die Besonderheiten von Straßentieren und Tieren aus tierquälerischer Haltung aufzuklären.
- zukünftige Halter über vorhandene Krankheiten und Vorschädigungen zu informieren,
- Tiere zurück zu nehmen, die sich nicht in ein vorhandenes Rudel, eine vorhandene Familie integrieren lassen,
- im Herkunftsland nachweislich Tierschutzprojekte aktiv oder passiv zu unterstützen, in erster Linie Kastrations- und Aufklärungskampagnen,
- den Haltern in Notsituationen innerhalb der ersten drei Monate zur Seite zu stehen,
- eine nachvollziehbare Buchführung vorlegen zu können.
Das Zertifikat wird nach Antrag und Prüfung für ein Jahr ausgestellt und so lange automatisch erneuert, bis entweder dem Antragsteller wegen Schlecht- oder Nichterfüllung der Kriterien das Zertifikat aberkannt wird, oder er die Teilnahme an der Zertifizierung aufkündigt. Eine jährliche Gebühr soll die Verwaltungsgebühr decken. Eine Überprüfung der Angaben findet unangekündigt statt und kann zu jeder Zeit stichprobenartig wiederholt werden.
Verliert ein Verein oder Organisation dieses Zertifikat bei einer Überprüfung nach Feststellung schwer wiegender Verstöße, kann eine Warnung auf der Zertifizierungs-Webseite und in einschlägigen Publikationen vorgenommen werden.
Alle Punkte der Selbstverpflichtung sollten Selbstverständlich sein, wenn es sich um Tierschutzorganisationen handelt, die diesen Namen zu Recht tragen. Da dem aber bei Weitem nicht so ist, ist eine – noch – freiwillige Zertifizierung der einzige Weg, die Spreu mittelfristig an den Rand zu pusten. Sollte sich die Politik dem Thema annehmen, wird ein Importverbot die Folge sein – mit schlimmen Folgen für Straßentiere, denen vorgeblich doch geholfen werden soll.
Aber auch eine erfolgreiche Durchsetzung einer Zertifizierung sollte den Blick nicht verstellen auf unsere drei Hauptforderungen: Kastration, Kastration, Kastration. Dem einzigen Mittel, das Streunerproblem langfristig in den Griff zu bekommen!
© Michael Marx – 10/2011
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz